2021 – KV IN THE BOX

PERFORMATIVE
INTERVENTIONEN
in der Innenstadt Gütersloh

Sommer 2021

Eine Übung für Eheleute und Cocktailtomaten
Susanne von Bülow / Ruppe Koselleck 

Im Verlauf dieser Übung überwinden von Bülow und Koselleck mittels einer konzeptgerecht ausufernden und angewandten Streitkultur pandemische Bedenken in Form transviraler Kommuniktation. Dabei spielen Tomaten eine zentrale Rolle.
Koselleck hat für diese Performance einen transparenten Raum erdacht, der eine private Situation suggeriert und gleichzeitig an die Corona-Schutz-Abtrennung in Supermärkten erinnert.
Die Performance spielt mit Begriffen wie privat – öffentlich und Nähe – Distanz.

DENN DA WO EISEN IST, DA KANN AUCH KUNST SEIN.
Ruppe Koselleck 

Wenn Potsdamer Magneten an Pokornys Turm V/2 aufgehängt werden, dann bleiben ostwestfälische Passanten stehen und fragen nach. Es war an einem Samstag und es war Wochenmarkt, als ich für den #kunstpot vom Golm tätig wurde.
Gezeigt wurde für gut eine Stunde eine Auswahl von künstlerischen Arbeiten des jüngsten Fachbereichs der Universität Potsdam und zwar – ähnlich wie in Bielefeld – an einem Kunstwerk: dem Turm V.
Werner Pokornys rostige, gekippte oder gefallene Häuser ergeben hier einen gestapelten Turm, der sich vor dem Kunstverein Gütersloh niedergelassen hat.
Das historische Fachwerkhaus des Kunstvereins harmoniert mit dem erhabenen Häuserhaufen, der – so wie mir westfälische Flaneure versichern – manchmal gar nicht wahrgenommen wird. Mit den Translokationen wird das Kunstwerk wieder sichtbar – und wir beginnen über den Corten Stahl zu diskutieren.
In Wirklichkeit, so schaltet sich später ein weiterer Passant ein, erinnern die gestapelten Häuser an Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten.
Ob jetzt die Folien das Gedenken beschädigen? Oder das Wiedersichtbarmachen, der Erinnerung hilft? Ob man Magneten auf Kunstwerke haften darf? Ohne die Fragen beantworten zu wollen und zu müssen, bedanken sich die zufälligen Besucher bei mir für die Intervention und als ich abbaue, verabschieden wir uns auf ein Wiedersehen und auf eine neues Sehen all dessen, was wir alltäglich zu übersehen gewohnt sind.


Foto: Wolf-Dieter Tabbert

ICH HABE DEN RASEN GEMÄHT!
Stephanie Sczepanek

Ich stehe in einem Glaskasten und schreibe mit einem Kreidemarker auf dessen Platten – was ich in den letzten 24 Stunden gesehen, gelesen und gehört habe. Immer wieder überdenke und verändere ich das Gesagte, Gelesene und Gehörte. Wenn ich fertig bin, entferne ich das Geschriebene und gehe weg.

Isotationen
Angelika Höger

Mit wem unterhält man sich in Corona-Zeiten? Zu wem und wie nimmt man Kontakt auf? Lauscht man nur dem eigenen Selbstgespräch und was sind das für Geräusche? Fragen denen die Künstlerin Angelika Höger in Ihrer Performance Isotationen nachgeht.

Zum dritten Mal wurden die Gütersloher von dem Kunstverein Kreis Gütersloh mit einer Performance in der Fußgängerzone überrascht. Dieser setzte damit seine 2020 begonnene Reihe fort.

In einem, für die in Corona Zeiten konformen, eigens gefertigten Plexiglasraum findet die einstündige Performance statt. Wie gefangen im Wohnraum aus Glas verbinden lediglich dünne Nylonschnüre die Künstlerin mit der Außenwelt. Diese sind außerhalb der Box an Fahrradständer und Laternen und innerhalb an einen Wäschetrockner Ständer befestigt. Dieser könnte auch als Synonym für das alltägliche zu Hause gesehen werden. Durch melodisches bespielen des Wäscheständers mit einem Geigenbogen zieht die Künstlerin die Blicke und Aufmerksamkeit der Passanten auf sich.

In der Begegnung mit der Kunst bleiben viele interessiert, amüsiert und neugierig stehen und kommen über sie ins Gespräch.

Der Titel zur Performance spielt mit dem Wort Isolation und Intonation.
Angelika Höger bezieht sich auf diese Weise mit der unfreiwilligen Situation der Isolation zu Hause. Sie weist außerdem auf den veränderten Dialog zwischen Umwelt und inneren Raum hin und lenkt den Betrachter dabei auf Spurensuche des eigenen Erlebens in der Corona-Krise. Das Faszinierende dieses Spiegelbilds, welches uns die Künstlerin zu reflektieren gibt, ist, dass jeder von uns sich darin erkennen kann, da im letzten Jahr jeder von uns Isolation am eigenen Leib erlebt hat. Über lange Zeit hinweg waren wir mit unseren inneren Klängen so gut wie alleine und hatten plötzlich einen viel engeren und kleineren Resonanzraum für unsere Gedanken. Wo wir uns gestern noch mit unseren Klassenkameraden, den Nachbar oder dem besten Freund austauschen konnten blieben plötzlich nur noch wenige oder ausschließlich digitale Verbindungen zur Außenwelt übrig.