Tobias Killguss – Im Schnee
Malerei
14.2. – 20.3.2016
Es schneit. Kein Schneesturm, Schneetreiben. Ruhe kehrt ein. Man sammelt sich. Dinge werden verdeckt, tauchen nach einiger Zeit wieder auf. Man hinterlässt Spuren.
Tobias Killguss zeigt in seiner Ausstellung „Im Schnee“ Werke aus den letzten zehn Jahren, vor allem großformatige Gemälde. Die Ausstellung ist keine Retrospektive, für den Künstler ist sie eher ein „Blick zurück nach vorn“, ein Vorstellen seiner Werke im Dialog, ein neues Sichten und Befragen.
Die Gemälde von Tobias Killguss sind in „klassischer“, teilweise altmeisterlich wirkender Ölmalerei ausgeführt, darunter befinden sich viele Portraits und surreal anmutende Szenen. Begeistert von Bildnissen und religiösen Darstellungen der altniederländischen Meister, der italienischen Kunst der Renaissance und von Caravaggio suchte er zunächst einen ganz realistischen Zugang zur Malerei. Sein fast grisaille-artig gemaltes „Selbstbildnis mit langem Hals“ von 2004 ist dabei das früheste Bild in der Ausstellung. Es zeigt einen jungen Mann, ganz in seiner Zeit und doch hinterfangen von den Accessoires eines barocken Portraits, Säule und Vorhang.
Andere Gemälde muten wie surreale, vom Künstler erdachte Zusammentreffen an, verschworen wirkende Paare wie „Niko und Niko“ von 2009 oder die „Touristinnen“ von 2012, zwei junge Frauen an einem pazifischen Strand. Entspannung suchende Freundinnen oder Opfer einer Schiffskatastrophe? Oft verbindet der Künstler Anregungen und Zitate aus der Kunstgeschichte mit Menschen und Motiven des persönlichen und modernen medialen Alltags, begeistert sich, wie bei den merkwürdig zeitlos wirkenden „Musen“, für die Darstellung von Stofflichkeit und Faltenwürfen. Das 2011 entstandene „Rosenkavalier und andere Torheiten“ ist ein so monumentales wie rätselhaftes Gruppenbild. In einer bühnenartigen Szenerie ist ein kaleidoskopartiges Panorama von Eindrücken versammelt, ein Ensemble rätselhaft agierender Charaktere auf der Suche nach der großen Tragödie, oder zumindest einer erklärenden Pointe. Auch andere Gemälde sind voller Gegenstände und Handlungen, die weniger eine Geschichte erzählen als vielmehr Fragment bleiben.
In all seinen Bildern erleben wir den Künstler als genauen Beobachter und findigen Erzähler, der auch seine eigene Person nicht schont: Ein Selbstportrait, betitelt mit „Fleisch“, zeigt ihn nackt. Es beweist nicht nur seine Beschäftigung mit der Kunstgeschichte und seine Begeisterung für das Malerische. Spannungsvoll wird die „Realität“ im Bild und durch das Realistische der Malerei in Frage gestellt.
Zum ersten Mal werden in Gütersloh aquarellierte Tuschezeichnungen gezeigt, nach denen in den letzten Jahren zwei Kinderbücher entstanden sind: „Das himbeerrote Dingsbums“ von 2013 und das jüngst entstandene „Samu sucht das Glück“ handeln vom Entdecken, von den ganz einfachen und dann doch ganz großen Dingen der Welt: der kleine Samu sucht nach nicht weniger als dem Glück und stellt damit Fragen, die sich nicht nur mehr an Kinder richten.
Wo befinde ich mich beim Malen?
Was ist die Welt, in der meine Bilder entstehen?
Eine Frage, die Tobias Killguss mit „Im Schnee“ beantwortet und damit nicht mehr beschreibt, als die Kraft und Unmittelbarkeit der Malerei, deren Ausdrucksform von der feinsten Flocke bis zur kraftvollen Naturgewalt reichen kann.
Aus dem Katalogtext von
David Riedel
Künstlerischer Leiter Peter-August-Böckstiegel-Haus
Mehr Arbeiten von Tobias Killguss können Sie hier sehen: www.tobias-killguss.de